unterwegs in Brem' & 'n büschen umzu
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Die schwarze US-Komödie „Arsen und Spitzenhäubchen“ aus dem Jahr 1944, u.a. mit Cary Grant in einer der Hauptrollen, hätte zumindest im Ansatz Vorbild für eine in Bremen Aufsehen erregende Mordserie sein können, kam dafür aber rund 130 Jahre zu spät.
Im Zentrum dieses Kriminalfalles im frühen 19. Jahrhundert stand die 1785 in ziemlich bescheidenen Verhältnissen als Gesche Margarethe Timm geborene Gesche Gottfried. 1806 stieg sie durch die Heirat mit dem Sattlermeister Johann Miltenberg gesellschaftlich auf und gehörte danach dem gutbürgerlichen Bevölkerungsteil der Hansestadt an. Doch die arrangierte und nicht aus Liebe geschlossene Ehe war nicht glücklich. Der Sattlermeister trank viel, trieb sich in Kneipen und Bordellen herum und starb am 1. Oktober 1813 nachdem er das elterliche Vermögen durchgebracht hatte.
Zwei Jahre später starben innerhalb von fünf Monaten, zwischen dem 2. Mai und dem 22. September, völlig überraschend ihre beiden Eltern und ihre drei bis dato überlebenden Kinder, zwei Töchter und ein Sohn, im Alter zwischen drei und sechs Jahren. Da sie gegenüber der Öffentlichkeit stets den Eindruck der fürsorglichen und fleißigen Ehefrau, Mutter und Tochter erweckte, war das Mitleid ihrer Mitmenschen angesichts der zahlreichen tragischen Todesfälle in ihrer Familie weit größer als der Argwohn und trug ihr den Beinamen „Engel von Bremen“ ein.
Das ehemalige Detentionshaus, das heutige Wilhelm Wagenfeld-Haus, am Ostertor. Das Gebäude diente zwischen 1933 und 1945 der Gestapo als Gefängnis.
Bereits ein Jahr später schlug der Tod in ihrer Familie ein weiteres Mal zu. Diesmal traf es den verschollen geglaubten Zwillingsbruder Gesches, der als nahezu mittelloser und schwerkranker Soldat plötzlich auftauchte und den nach dem Tod der Eltern ihm zustehenden Erbteil von ihr forderte. Da sie allerdings verschwenderisch lebte und sie häufig Schulden drückten, was der Öffentlichkeit allerdings weitgehend verborgen blieb, die sie nach wie vor für wohlhabend hielt, kam sie durch die Forderung ihres Bruders in eine prekäre Lage. Eine gute Portion Schellfisch, die sie für ihn kochte, entspannte die Lage für sie schlagartig, denn die von ihr darin versteckte Dosis Arsen setzte seinem Leben am 1. Juni 1816 ein schnelles Ende.
Ihrem langjährigen Geliebten und Freund ihres verstorbenen Mannes, dem Weinhändler Michael Christoph Gottfried, war Gesche mittlerweile etwas unheimlich angesichts der zahlreichen Todesfälle in ihrem direkten familiären Umfeld und so zögerte er sie zu heiraten, obwohl sie schwanger war. Die Todgeburt des gemeinsamen Kindes erlebte er nicht mehr, denn sie verabreichte ihm vorher portionsweise die letzten Bestände ihres Arsenvorrates, die ihn, von Gesche liebevoll gepflegt, langsam dahinsiechen ließen, bis er schließlich am 5. Juli 1817 starb – allerdings nicht ohne sie, selbst schon auf dem Totenbett liegend, aus Dankbarkeit für ihre Fürsorge zu heiraten und zur Erbin seines Vermögens zu machen.
Sieben Menschen waren innerhalb von nur vier Jahren durch die Verabreichung von Arsen durch ihre Hand gestorben, ohne dass die Justiz Verdacht geschöpft hätte, doch es sollten nicht die letzten sein, wenngleich es nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes zunächst den Anschein hatte, als sei die tragische Todesserie in der Familie der Gesche Gottfried nun beendet, denn einige Jahre passierte nichts. Die Erklärung ist allerdings ziemlich profan: das Gift war aufgebraucht. Ironischerweise hatte sie das Töpfchen “Mäusebutter” – eine Mischung aus Arsen und Schmalz zur Ungezieferbekämpfung – Jahre vorher von ihrer Mutter bekommen, die damit selbst vergiftet wurde.
Ihre Magd und Freundin Beta Schmidt besorgte schließlich sechs Jahre später (1823) angeregt durch eine Zeitungsannonce einer Apotheke auf ihre Bitte hin weitere Mäusebutter . Bald danach, am 1. Juni 1823, fiel Gesche Gottfrieds neuer Verlobter, der Modewarenhändler Paul Thomas Zimmermann, nach dem mehrmaligen Genuß von Zweiback mit vergiftetem Aufstrich und anschließendem qualvollen Leiden zum Opfer. Abermals erbte sie ein wenig. Danach begann sie kleinere nicht tödliche Dosen des Giftes an Menschen in ihrer Umgebung zu verteilen. Erst zwei Jahre später verabreichte Gesche Gottfried wieder eine tödliche Dosis. Diesmal traf es eine langjährigen Freundin, die Musiklehrerin Anna Lucia Meyerholz. Ende desselben Jahres erlag nach langem qualvollen Siechtum ein Nachbar, mit dem sie ebenfalls eine langjährige Freundschaft verband.
Ihr verschwenderischer Lebenswandel führte schließlich dazu, dass sie ihren Wohnsitz in der Pelzerstraße verkaufen musste, handelte allerdings für sich selbst Wohnrecht aus. Und so zog sie nach kurzer Zeit der Abwesenheit mit den neuen Besitzern, dem Rademachermeisterehepaar Wilhelmine und Johann Christoph Rumpff, und deren Angestellten wieder in das Haus ein und organisierte den Haushalt. Wilhelmine Rumpff starb nur kurz nach einer Entbindung am 22. Dezember 1826, nachdem ihr Gesche zweimalig Mäusebutter verabreicht hatte. Nach zahlreichen Fällen nicht tödlicher Vergiftungen, brachte sie schließlich ein halbes Jahr später, im Mai 1827 - trotz eines wachsenden Interesses der Öffentlichkeit, angesichts der sich häufenden Todesfälle - ihre langjährige Freundin Beta Schmidt und deren dreijährige Tochter durch Gabe von Gift um. Die Mutter überlebte die Tochter nur um zwei Tage.
Ihr letztes Opfer wurde ein alter Geschäftsfreund in Hannover, der Beschlagmeister Friedrich Kleine. Sie schuldete ihm Geld, dass er zwar zurückforderte, sie aber nicht zu zahlen in der Lage war. Gut zwei Monate nach ihrem Doppelmord beförderte sie auch ihn ins Jenseits und gab gegenüber seinen Verwandten an, sie habe ihre Schulden bezahlt und bedachte die Familienangehörigen mit kleinen Portionen Mäusebutter.
Zurück in Bremen, begann der verwitwete Rumpff, dem die seltsamen Todesfälle in Gesche Gottfrieds Umfeld zwar schon vor längerer Zeit zu Ohren gekommen waren, schließlich Verdacht zu schöpfen, als er eine „weißliche körnige Substanz“ in seinem Salat und später auf einem Schinken entdeckte. Zwar spielte Gesche die Entdeckung herunter, doch nach Warnungen eines Nachbars ließ Rumpff die Substanz von seinem Hausarzt Dr. Luce analysieren, der erschreckt eine hohe Arsenkonzentration attestierte. Er hatte zuvor selbst einige von Gesche Gottfrieds Opfern behandelt, ohne allerdings je Verdacht zu schöpfen.
Nach dieser Entdeckung wurde sie am 6. März 1828, ihrem 43. Geburtstag, verhaftet und nach einigen Tagen in einer Zelle im Stadthaus in das erst kurz zuvor fertig gestellte Detentionshaus am Ostertor überführt. In ihrer Zelle dort verbrachte sie drei Jahre bis zu ihrer Hinrichtung durch das Schwert auf dem Domshof. Auch die zahlreichen Verhöre durch die beiden Senatoren Droste und Noltenius und Gespräche mit Droste, mit dem sie fast eine Freundschaft verband, konnten während dieser Zeit keine befriedigende Antwort auf die Frage nach dem eigentlichen Beweggrund für die beispiellose Mordserie der 15 Menschen zum Opfer gefallen waren liefern.
So blieb diese Frage auch unbeantwortet, als sie 21. April 1831 gegen 8 Uhr morgens zum Domshof gefahren wurde, um dort mit dem Schwert gerichtet zu werden. Abgemagert und gealtert erschien sie vor der schweigenden Menge, die sich zahlreich zu der (letzten öffentlichen) Hinrichtung in Bremen vor dem Schaffott eingefunden hatte. Noch einmal wurde das Urteil verlesen, Senator Droste zerbrach einen Holzstab zum Zeichen der Rechtskräftigkeit des Urteils und Gesche Gottfried reichte jedem der Richter die Hand, nachdem sie an ihrem letzten Glas Rotwein genippt hatte. Dann wurde sie auf dem Stuhl festgeschnallt und der Henker trennte ihr den Kopf mit einem Schwertstreich vom Rumpf.
Spuckstein
Der abgeschlagene Kopf wurde nachdem Abdrücke genommen worden waren, von denen später Totenmasken angefertigt wurden (eine Kopie liegt im Schaumagazin des Focke-Museums), in Spiritus eingelegt und im Museum am Domshof ausgestellt, wobei die Einnahmen einem Waisenhaus zugute kamen, - er ist seit 1913 allerdings verschollen. Ihr ebenfalls nicht bestattetes Skelett verbrannte später während des Zweiten Weltkriegs. Noch heute ist am Hinrichtungsort zwischen Dom und Neptun-Brunnen ein sogenannter Spuckstein im Granitpflaster zu finden, ein Stein mit einem eingehauenen Kreuz. Zum Zeichen der Abscheu spuckten die Menschen darauf, wenn sie hier vorübergingen.
Ein Zeitungsartikel nach der Hinrichtung drückte vielleicht aus, warum es fünfzehn Menschleben brauchte, um Gesche Gottfried auf die Spur zu kommen und sie schließlich zu verhaften. Der Verfasser beschreibt, wie er vergeblich in dem Gesichtsausdruck des abgeschlagenen Kopf Gesches nach einer gewissen Boshaftigkeit, Arglist und Mordlust sucht, aber eher das Gegenteil findet.
ALLES IM BLICK: DIE GESAMTÜBERSICHT
Jede Stadt hat ihre Geschichte und in vielen Städten gibt es ein Museum, in dem eben diese erzählt wird. In der Hansestadt ist es das Focke-Museum im Ortsteil Riensberg, in dem die Stadthistorie am anschaulichsten präsentiert wird. Das „Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte“ entstand 1924 durch die Zusammenlegung zweier Sammlungen, dem 1884 gegründeten Gewerbemuseum und dem sechs Jahre später gegründeten „Historischen Museum für bremische Altertümer“, dessen bereits 1922 gestorbener Gründer auch zum Namensgeber des heutigen Museums wurde.
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Im Schatten des Doms erstreckt sich der Domshof. Bis 1803 befand sich der Dombezirk und damit auch der große Platz im Besitz der jeweiligen Bischöfe bzw. Schwedens und später dem Kurfürstentum Hannover, die Bremen zeitweise regierten. Der Baubestand etwa mit Bürgerhäusern und die Pflanzung zahlreicher Bäume, ließ den Domshof im 18. und 19. Jahrhundert zu einem der schönsten Plätze der Hansestadt werden.
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Ein weiteres traditionsreiches Café befindet sich in der Sögestraße 42/44. Die Konditorei Knigge wurde 1889 gegründet. Sie bietet neben allerlei Backwaren auch Pralinen sowie Eis an und ist stadtweit bekannt. Schräg gegenüber des Cafés zweigt von der Ladenzeile die mit Glas überdachte Katharinen-Passage ab, die mit einer Unterbrechung in die Domshof-Passage übergeht - mit Endpunkt Domshof. Auf dem Areal mit Ladengeschäften und Parkhaus stand einst das namensgebende St.-Katharinen-Kloster.
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Die Geschichte des Doms, der ältesten Kirche Bremens, beginnt mit der Christianisierung der ursprünglich von den Sachsen besiedelten Gegend durch Karl den Großen im 8. Jahrhundert. Wann der erste Dom auf der höchsten Erhebung der sogenannten Bremer Düne errichtet wurde ist unklar, jedoch wurde er ziemlich wahrscheinlich 858 von einfallenden Wikingern aus dem dänischen Norden zerstört. Der 1041 begonnene und im 13. Jahrhundert mit den zwei Türmen vollendete nachfolgende romanische Bau wurde im 16. Jahrhundert schließlich im gotischen Stil umgebaut.
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Auch wenn das Gebiet um die beiden Straßenzüge mit ihren vielen kleinen Nebenstraßen zu einem Teil noch zum Stadtteil Mitte und zum anderen zur Östlichen Vorstadt gehört, wird das Quartier von den Bremerinnen und Bremern schlicht nur das „Viertel“ genannt. Es wird geliebt, gehasst, gefürchtet und vieles mehr. Wohl in keinem anderen Stadtteil der Hansestadt traten über Jahrzehnte hinweg die Kontraste so offen und teilweise auch gewalttätig zutage wie im Viertel.
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